1984. Helmut Kohl ist seit zwei Jahren Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, in den USA ist Ronald Reagen Präsident und in der Sowjetunion (ja, die gab's noch) wird Tschernenko Staatsoberhaupt - von einem Michail Gorbatschow hat hierzulande noch niemand etwas gehört. Die brasilianische Hauptstadt heißt noch Sao Paulo und noch nicht Brasilia. In Deutschland, Verzeihung, der Bundesrepublik Deutschland (es gab ja noch die DDR) wird Richard von Weizsäcker Bundespräsident. Im April beschließt der Aufsichtsrat der Audi-Auto Union AG in Neckarsulm die Änderung des Firmennamens ab dem 1. Januar 1985 in Audi AG, zugleich soll die Verlegung des Firmensitzes nach Ingolstadt erfolgen. In den Kinos läuft der Film "Die Unendliche Geschichte" nach dem Roman von Michael Ende an und in der Musik finden Deep Purple wieder zusammen - und Dieter Bohlen gründet Modern Talking. Telefone haben noch Wählscheiben und ein Schoko-Keksriegel namens Raider erfreut sich großer Beliebtheit. Der Hermannslauf ist gerade mal zarte 12 Jahre alt.

Unterhalb des Hermannsdenkmals prüft der junge Horst Borcherding mit Startnummer 1628 bei sonnigem, aber nicht zu warmem, idealem Laufwetter nochmals die Bindung seiner Laufschuhe, holt tief Luft und wirft sich auf die Strecke. Den Hermannslauf gewinnt der Brite Adrian Philpott vom PSV Detmold in 1:43:21, Horst ist mit 2:56:54 etwas langsamer.

Und, nachdem er einmal Blut geleckt hatte, war Horst fast jedes Jahr auf der Strecke zu finden. 1986 bis 1993 in Folge und dann wieder ab 1997 ununterbrochen bis heute. Jedesmal mit hervorragenden Laufzeiten, meist unter 3 Stunden, einige Male auch etwas darüber. Er hat die Tiefen eines Läuferlebens durchlitten und das Hochgefühl nach dem Überqueren der Ziellinie genossen, ist mit dem Ehberg und dem Tönsberg auf Du, hat sich so oft die Lämershagener Treppen hochgequält und ist endlich mit breiter Brust über die Promenade gestürmt, hat die Arme hochgerissen und einen Jubelschrei ausgestoßen - "Geschafft!". Ab 01. Mai 2001 - wenige Tage nach dem Hermannslauf - ist Horst Mitglied im Post SV und hielt so ab dem Jahr 2002 die Vereinsfahnen beim Ostwestfälischen Marathon hoch.

Viel ist seit diesem Sonntagmorgen im April 1984 passiert: Helmut Kohl ist schon lange im verdienten Ruhestand, sein Amt hat jetzt bereits seit 2005 (also auch schon seit 12 Jahren) mit Angela Merkel erstmals eine Frau inne. Audi sitzt noch in Ingolstadt, jedoch sowohl die DDR, als auch die Sowjetunion haben aufgehört zu existieren. Den Hermannslauf gibt es aber noch und Horst wird ihn wohl noch mehr als ein Mal unter die Füße nehmen! Horst, wir wünschen Dir dabei viel Erfolg!

Ach ja, und Raider heißt jetzt Twix!

Horst nach dem Hermannslauf 2004
Bild von Bernd Kosfeld